In den nicht einmal drei Monaten zwischen Anfang November 2015 und Mitte der vergangenen Woche brachen die Brent-Öl-Notierungen um mehr als 40 Prozent ein. Und da die Börse bekanntlich keine Einbahnstraße ist, war die Kurs-Erholung zum Wochenende hin grundsätzlich keine große Überraschung. Auf der anderen Seite mutet der Anstieg von unter 28 auf über 32 USD in gerade einmal zwei Handelstagen insbesondere unter Berücksichtigung der fundamentalen Rahmen-Bedingungen reichlich übertrieben an. Insofern lädt die jüngste Preis-Explosion zu einem Short-Einstieg förmlich ein. Dies gilt umso mehr, als sich die für den Kurs-Verfall verantwortliche Überangebots-Problematik keineswegs entspannt sondern eher weiter verschärft hat.

Mit freundlicher Genehmigung des Börsenbriefs Rohstoff-Trader.
Ende der Angebots-Schwemme nicht absehbar!
Ungeachtet des Rückgangs der aktiven Öl-Bohrungen in den USA um 65 Prozent seit Anfang letzten Jahres liegt die tägliche Produktion mit aktuell 9,24 Mio. Barrel nur marginal unter dem im Frühjahr 2015 erreichten Höchststand. Ebenfalls nicht nennenswert reduziert wurde bislang die Förderung in Kanada und Russland produziert derzeit dank des kollabierten Rubels erstmals wieder so viel schwarzes Gold wie zuletzt in der Endphase der Sowjetunion. Von einer Kürzung des Nicht-OPEC-Angebots kann bis dato mithin keine Rede sein. Damit kann kurz- bis mittelfristig nicht davon ausgegangen werden, dass Saudi-Arabien und andere Öl-Staaten in der arabischen Welt ihre Fördermenge senken. Vielmehr ist mit einem weiteren Anstieg der Produktion in dieser Region zu rechnen. Allein aus dem Iran dürften 2016 nach dem Ende der Sanktionen mindestens 500.000 zusätzliche Barrel pro Tag auf den Weltmarkt drängen. Zudem kündigte der irakische Öl-Minister unlängst an, die tägliche Förderung bis Jahresende um nochmals 400.000 Fässer auszuweiten und auch in Libyen kommt der Wiederaufbau der Öl-Industrie schrittweise voran. Damit ist eine fallende globale Öl-Produktion nicht einmal für den nicht sonderlich wahrscheinlichen Fall zu erwarten, dass die EIA Recht behält und der US-Ausstoß bis Spätsommer tatsächlich auf nur noch 8,25 Mio. Barrel täglich zurückgeht, zumal die Vereinigten Staaten ihre Lager-Kapazitäten in diesem Jahr um nochmals 32 Mio. Barrel aufstocken und in China ähnliche Planungen bestehen.
Bremsspuren auf der Nachfrage-Seite!
Damit kann die aktuelle Überversorgung von etwa 1,5 Mio. Barrel pro Tag nur abgebaut werden, wenn die Nachfrage entsprechend stark zunimmt. Danach sieht es allerdings immer weniger aus. Angesichts des nachlassenden wirtschaftlichen Wachstums in China sowie der zunehmend durchwachseneren US-Konjunktur-Indikatoren rechnet die IEA derzeit lediglich noch damit, dass der weltweite Rohöl-Bedarf in diesem Jahr um 1,2 Mio. Barrel täglich steigt. Noch vor einigen Monaten lag die Prognose bei 1,6 Mio. Fässern. Und selbst die reduzierte Schätzung könnte sich schlussendlich als zu hoch entpuppen, nachdem die EIA-Experten für das Schluss-Quartal 2015 mittlerweile nur noch ein weltweites Nachfrage-Plus von 1,7 statt 1,8 Mio. Barrel prophezeien. Insgesamt kann somit bestenfalls davon ausgegangen werden, dass sich der Angebots-Überhang am Öl-Markt im Laufe dieses Jahres leicht zurückbildet aber im Wesentlichen bestehen bleibt. Durch diese Brille betrachtet dürfte es sich bei der jüngsten Zwei-Tages-Rally um einen bloßen „Dead Cat Bounce“ gehandelt haben, so dass in den kommenden Wochen ein nochmaliger Test der Unterstützung um 27,75 USD erfolgen sollte.
Dieser Beitrag ist zuerst im Börsenbrief Rohstoff-Trader erschienen.